Königssee – St. Bartholomä (13.07.2017)

Bevor wir zum See gelangen, müssen wir uns allerdings erst den Weg durch eine Art jahrmarktähnliches Gedränge entlang der Geschäfte der Seestraße ebnen.

Ich fühle mich unwohl, inmitten der Menschenmenge, die sich langsam nach vorne schiebt, Richtung See. Zum Verkauf stehen, aufgeschichtet, Berge von Murmeltiersalbe, die mir glücklicherweise ansonsten, in der Apotheke, seit vielen Jahren nicht mehr begegnet ist, kein Kunde hat jemals wieder danach gefragt. Neben den Murmeltiersalben grüßt – fast wie ein Hohn auf das possierliche Tierchen – ein Murmeltierstofftier mit einem Edelweißhut.

Murmeltiersalbe, die heißt aber nur so, mein Mann schaut mich, die Apothekerin, ungläubig an. Da wird doch kein Murmeltieröl drin sein? Doch, da ist tatsächlich Murmeltieröl enthalten, antworte ich, früher hatte ich auch das reine Öl des Murmeltiers öfters verkauft, dachte aber, oder hoffte vielmehr, dass solche Produkte mittlerweile endgültig in Vergessenheit geraten waren. Aber Geschäftemacherei macht vor nichts Halt, schon gar nicht vor den wehrlosesten Geschöpfen, den Tieren.

Wir betrachten die weiteren Auslagen der Geschäfte, Hüte mit Federn und Gamsbart sowie Mützen mit echter Pelzverbrämung. Taschen für 12 Euro, Ringe für 10 Euro – Billiger Ramsch, gleichsam im Kontrast zur wunderschönen Landschaft vom Königssee.

Wanderschuhe, Wanderstöcke Badeschuhe, Badehosen, Hemden, weiter T-Shirts, von 10 Euro erst auf 7,95, dann auf 5,95 reduziert. Stände mit Stroh- und Wanderhüten, Wanderhosen, Dirndl, Sonnenbrillen, Schirme – alles, was der Wanderer und Tourist braucht oder auch nicht. Weiter Salzlampen, Steine, Postkarten, Reiseandenken und Mitbringsel jeder Art.

Aber auch für das kulinarische „Wohl“ ist gesorgt. Schon am frühen Vormittag werden Softeis und Schweinshaxen vertilgt, die Luft ist geschwängert vom Geruch nach Currywurst und Pommes frites. Geschäftemacherei an wunderschöner Landschaft, sozusagen. Die wunderschöne Landschaft verliert durch den überall präsenten Ramsch und die Art von Gastronomie, die man sich nicht wünscht, viel von ihrem ursprünglichen Reiz.

Dazu eine Lautstärke und ein Gewirr von Stimmen, aus allen Richtungen. Leute von überall her, Einheimische wie Touristen. Japanische Mädchengruppen, daneben Frauen mit Dirndl und Dutt, und den so typischen oberbayerischen Gesichtszügen. Dazu passen die weißblauen Biergärten und die Balkone mit Blumenkästen, die mit Petunien und Geranien bepflanzt sind.

Endlich erreichen wir den See. Da wir noch eine Stunde bis zur Überfahrt nach St. Bartholomä, dem Wahrzeichen des Königssees, warten müssen, nehmen wir an einem direkt am Königssee gelegenen Café Platz. Dann startet das vollbesetzte Schiff, das kaum Raum zum Atmen bietet, nach St. Bartholomä.

Ich blicke abwechselnd in das kristallklare, smaragdgründe Wasser des Sees, dann wieder hoch zu den Bergformationen, die mich fast schwindlig werden lassen. Inmitten der Schönheit der Natur wähnt man auch die Gefahr des Berges, das Gefühl der Bedrohung und des Eingeschlossenseins. Der Nebel hängt tief, an diesem Tag, bedeckt teilweise die Sicht auf die Berge.

Die Vegetation um den See besteht hauptsächlich aus Lärchen, Kiefern und Buchen. Je höher und je steiler der Berg ist, desto spärlicher wird allerdings die Vegetation. Weit oben und an steilen Stellen sind fast nur noch Kiefern zu sehen, die direkt an und in die Felsen wachsen.

Beim Betrachten der Bäume wird sich vielleicht der eine oder andere fragen, warum die Kiefern sich nicht einen gemütlicheren Standort suchen, ja wie sie überhaupt an so einem widrigen Platz wachsen, überleben können. Der Grund hierfür ist, dass Kiefern zwar weithin in Europa verbreitet sind, sie an „bequemen“ Standorten jedoch kaum eine Chance haben. Denn andere Baumarten stehen im direkten Konkurrenzkampf mit der Kiefer und verdrängen diese auf unsanfte Art und Weise. Wächst die Kiefer im Wald, so lässt sie ihrerseits genug Licht durch, so dass z. B. Buche und Tanne unter ihr wachsen können.

Der „Dank“ für ihr selbstloses Verhalten ist, dass Buche und Tanne die Kiefer schließlich verdrängen, wenn sie groß genug geworden sind. Und so nimmt die Kiefer auch mit den widrigsten Standorten, an denen kaum eine andere Baumart Überlebenschancen hätte, vorlieb. Zu Gute kommt der Kiefer, dass sie eine Pfahlwurzel besitzt, die sich etwa sechs Meter weit in den Boden bohren kann. So findet die Kiefer auch an steilen Felsen Halt und sie kann auch an trockenen Standorten gedeihen, weil die Wurzel auch in tieferen Schichten noch auf (Grund-)Wasser trifft. Und so wird die Kiefer zwar von nährstoffreichen und gediegenen Standorten verbannt – ihrer Überlebenskraft ist es aber zu verdanken, dass sie sich mit fast allen Umständen arrangiert.

St. Bartholomä

Ich bin noch in Gedanken an die tapfere Kiefer versunken, als wir St. Bartholomä erreichen. Die Menschen hasten aus dem Boot und stürzen sich auf die nahe gelegene Gaststätte, als gäbe es kein Morgen. Auch wir kehren im Wirtshaus ein, der Kellner ist freundlich, das Essen ist schlecht. Nachdem ich die Mahlzeit – ich konnte sie nicht essen – mit einer Serviette zugedeckt hatte, brechen wir auf, zum Rundwanderweg. In der anderen Richtung geht es indes zum Eisbach und zur Eisbachkapelle.

Enten

Ein Entenkind badet übermütig und genießt die ersten Schwimmversuche, an diesem sommerlichen Tag. Die Entenmutter bewacht ihr Kleines, lässt dieses nicht aus den Augen. Nun schimpft sie mit dem kleinen Entlein, sie schnattert und unterstreicht ihre Drohung mit heftigem Schütteln ihres Gefieders. Die kleine Ente scheint unbeeindruckt, sie schwimmt weiter, weg vom Ufer, die Mutter folgt ihr geschwind. Andere Enten putzen unweit genüsslich ihr Gefieder.

Hahnenfuß und Klee

Wir laufen weiter, vorbei an Klee und Hahnenfuß, die einträchtig nebeneinander blühen, gleichsam Freundinnen, die viel zu besprechen haben.

Baumstämme liegen kreuz und quer, übereinander und nebeneinander, eine wahre Unordnung, die wohl einem kürzlichen Unwetter geschuldet ist.

Klette

An einem feuchten, tümpelartigen Ort wachsen Große Kletten indes in riesiger Menge. Die niedrigwüchsigen Pflanzen beeindrucken durch derbe, riesige Blätter. Für manche Menschen mögen die Kletten lästiges, grobes Unkraut sein – andere wiederum schätzen die Große Klette u. a. als Gemüse, das im Geschmack an die Schwarzwurzel erinnert.

Nieswurz

Voller Freude bemerke ich wenig später eine Schwarze Nieswurz, welche ich geraume Zeit nicht mehr gesehen hatte. Allerdings beeindruckt die Pflanze nicht nur durch ihre Schönheit, sondern auch durch ihre Giftigkeit. Die seltene Pflanze ist nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt und nach der Roten Listen Deutschland als gefährdet eingestuft.

Eine mächtige Baumwurzel ragt in Landschaft. Die einstige Pracht des entwurzelten Baums lässt sich anhand der riesigen Baumwurzel nur mehr erahnen.

Wir treten den Rückzug an, auf dem Boot blicken wir nochmals zurück nach St. Bartholomä, dessen Abbild sich nun im See spiegelt.

Comments (4)

  1. Marie 7. Dezember 2017 at 9:40

    Schöner Beitrag. Ich wusste gar nicht, dass es eine Murmeltiersalbe gibt – habe heute wieder etwas dazugelernt. Schöne Bilder. St. Bartholomä scheint sehr schön zu sein. Vielen Dank für die Eindrücke. Ganz liebe Grüße Marie

  2. Andrea 7. Dezember 2017 at 18:02

    Ich will unbedingt auch mal an diesen See! Es sieht so traumhaft aus.

  3. Orange Diamond Blog 8. Dezember 2017 at 7:29

    Ein Paradies für Erholung! Du hast alles so wunderbar beschrieben, dass ich mich jetzt sehr da zu sein! Ich denke, dass ich im Frühling ein Wochenende buche!
    Liebe Grüße,
    Alexandra.

  4. I need sunshine 11. Dezember 2017 at 19:43

    Das mit dem Murmeltieröl klingt ja gruselig. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Schade, dass sowas immer noch verkauft wird.

    Liebe Grüße, Diana

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