Die Natur im Interimszustand

Die Natur blüht und verblüht in einem atemberaubenden Tempo.

Nachdem im Frühjahr die ersten Blüten ganz langsam, fast zögerlich, zum Vorschein kommen, erlebt man nun, im Sommer, einen rasenden Wechsel der Flora. Die einen Blüten verblühen, während die anderen gerade aufgehen.

Ich betrachte interessiert einen Heckenrosenstrauch am Weg – dieser trägt gleichzeitig Blüten und Früchte, die teils unreif, teils bereits reif sind. Eine schöne Laune der Natur, die nur im Sommer zu bewundern ist, dass gleichzeitig Blüten und Früchte aller Reifestadien auf einer Pflanze zu finden sind. Dieses Phänomen scheint Ausdruck eines Interimszustandes zu sein, in dem sich die Natur befindet. Die Zeit der Blüten nähert sich dem Ende, die Früchte sind noch nicht voll gereift.

Bild: Heckenrose mit reifen und unreifen Früchten

Diesen Zustand beobachte ich auch bei einem Schneebeerenstrauch, den ich entlang des Weges erspähe. An den weißen Früchten der Schneebeeren hängen kleine unreife, grüne Früchte, daran die rosafarbenen Blüten. Ein bizarres Bild, das den Naturfreund erfreut und ihn ins Schwärmen geraten lässt. Wenn die Blüten verwelkt sind, später im Jahr, verbleiben nur noch die weißen Früchte bis tief in den Winter hinein an den Sträuchern. Wenn im Winter dann an schneeverhangenen Sträuchern die weißen Beeren teils vom Schnee bedeckt sind, ergibt sich ein einheitliches Bild, das gerade in der kalten Jahreszeit das Herz wärmt. Die Schneebeeren scheinen auf symbiotische Weise mit dem gleichfarbigen Schnee zu verschmelzen, dem erst die Schneeschmelze ein Ende bereitet.

Und wer erinnert sich nicht, als Kind die Schneebeeren in der Hand zerdrückt zu haben – und sich über den lauten Knall gefreut zu haben, der den Schneebeeren auch den Namen Knallerbsen gebracht hat.

Bild: Schneebeeren mit Blüten

Eine Bildstock am Weg, die harmonisch in die Landschaft eingebettet ist, vermittelt den Eindruck des tiefen Friedens und der Ruhe, unabhängig von der religiösen Einstellung. Kirchenglocken, die in der Ferne läuten, unterstreichen diesen Eindruck. Ich betrachte das Bild des gekreuzigten Jesus, am Kreuz wehklagt die im Schmerz gefangene Gottesmutter. Das Kreuz ist umrahmt von einer aus Holz geschnitzten Maria mit Jesuskind, auf der anderen Seite steht liebevoll arrangiert ein Hortensienstrauch.

Bild: Bildstock

An einer Hauswand eine einsam blühende Nachtkerze, deren Schönheit gar nicht zur Geltung kommt. Einsam und unbeachtet scheint die bedeutende und anmutige Heilpflanze ein kümmerliches Dasein zu fristen.

Bild: Nachtkerze vor Hauswand

Rosen schmeicheln meiner Nase, Vögel zwitschern, Wespen umschwärmen duftende Lavendelpflanzen. Ein Sommerflieder wird von Wespen umgarnt. Ein Ginkgobaum in einem Garten, ein seltenes Bild, dieser exotische Baum in heimischen Gärten. Daneben eine Ansammlung von prächtig blühenden Blutwurzstauden.

Bilder: Blutwurz, Sommerflieder

Ein leichter Wind weht, dem jedoch die Leichtigkeit des frühen Sommers zu fehlen scheint. Ich fühle gleichsam schon die Schwere des Herbstes. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch stoppelige, abgeerntete Getreidefelder sowie ein Berg mit Silageballen, der schon für die kalte Jahreszeit gerichtet ist. Viele Blumen sind verwelkt, Früchte sind am Reifen, es ist eine ungewöhnliche Stimmung, vielleicht auch bedingt durch die Gewitter, die Unwetter und die fehlende Sonne der letzten Tage. Auch der Hagel hat viele Pflanzen zerstört und die Natur in Schrecken versetzt. Ich bedauere zahlreiche abgeknickte Sträucher, abgebrochene Äste und beschädigte Pflanzen, die durch den Hagelschlag überrascht wurden und diesem nicht ausreichend Paroli zu bieten wussten.

Bild: Silageballen

Kahle Bäume ragen wie gespenstische Gerippe in die Landschaft und bieten einen bizarren und verstörenden Anblick.

Bild: Kahler Baum

Nicht fern davon erblicke ich wieder die Friesenherde auf dem Feld, ich begrüße die mir schon vertrauten Tiere. Ein Pferd schüttelt seine gewaltige Haarpracht, als wolle es die Schönheit und Außergewöhnlichkeit seiner Erscheinung zur Schau stellen.

Ich begrüße die Friesen, die ihren Schweif und ihre gewaltige Haarpracht schütteln, als ob sie ihre Schönheit und Anmut zur Schau stellen wollten. Ein anderes Pferd lässt sich derweil nicht ablenken und rupft geräuschvoll und mit ungeteilter Aufmerksamkeit Gras. Nahe am Haus steht abgesondert von der restlichen Herde ein einsames Pferd, vermutlich der Zuchthengst.

Bilder: Friesenpferde

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